Neun Siege in elf Rennen und mit Ammour noch eine Rechnung offen
Maximal 390 oder 630 Kilo per Seilzug und Geschwindigkeiten mit weit über 100 km/h sowie Fliehkräften, die teils dem Fünffachen des eigenen Körpergewichts entsprechen, durch ein Kurvenlabyrinth lenken… Es ist mittlerweile zehn Jahre her, dass die Zwickauer Bobpilotin Cathleen Martini ihre erfolgreiche Karriere (18 Weltcupsiege, zwei Welt- und vier Europameistertitel) beendet hat. Doch seit 2017 hat Zwickau ein weiteres Eisen im „Bobsportfeuer“ – Maximilian Illmann. Er gewährt einen Rückblick auf die Saison 2024/25 und seine Ziele.
Wann und wie bist du zum Rodelsport gekommen?
Illmann: 2004 war ich mit einem Schulausflug auf der Plastikrennschlittenbahn am Westsachsenstadion. Ich fand das einfach nur toll und hatte mich sogar paarmal vorgedrängelt, um öfter den Rausch der Geschwindigkeit zu spüren, Spaß zu haben und die Bahn runter zu brettern. Eine Woche später war ich zum ersten Training dort.
Gab es dabei Mentoren, die dein Talent entdeckt haben?
Illmann: Die wirklichen „Drahtzieher“ waren hauptsächlich Andrea Müller und Monique Ullmann. Aber auch die wussten genauso wie ich damals nicht, wo das Ganze mal hinführen könnte.
Einige Erfolge ließen nicht lange auf sich warten. Warum der Wechsel in den Bob?
Illmann: Es gab durchaus Siege und Podestplätze bei den Deutschen Meisterschaften und im internationalen Juniorenbereich. Da nach Einschätzung der Trainer die Karriere als Rennrodler aufgrund der Leistung nicht mehr weitergehen konnte, hat mich der ehemalige Bobfahrer und aktuelle Juniorenbundestrainer Sepp Dosttahler angesprochen und so bin ich 2017 zum Bob gewechselt.
Und das schien die richtige Entscheidung gewesen zu sein!
Illmann: Durchaus. Da kann ich mich nicht beschweren. Zu Buche stehen im Juniorenbereich U26 drei Weltmeistertitel (zweimal im 2er, einmal im 4er), einmal Dritter im Weltcup, 19mal Platz 1 im Europacup, Gesamteuropacup-Sieger und weitere Medaillen Podestplätze bei EC, Junioren-EM und Junioren-WM.
Der Bobsport ist ein Team-Wettbewerb. Wie hast du die jeweiligen Crews gefunden?
Illmann: Durch enge Zusammenarbeit mit vielen verschiedenen Trainern an unterschiedlichen Standorten. Leider hauptsächlich außerhalb von Sachsen, da wir in der Nachwuchsgewinnung im Bobsport in Sachsen noch paar Hausaufgaben haben.
Ist noch jemand von den Erstbesatzungen „mit im Boot“?
Illman: Da ist leider niemand mehr vorhanden. Zur letzten Saison wechselte Hannes Schenk als einer meiner ersten Anschieber zum Konkurrenten Hans Peter Hannighofer. Aktuell ist das längste Mitglied Felix Dahms, der zwar kurzzeitig zu Konkurrent Nico Semmler wechselte, aber (lächelt) schnell wieder zur Vernunft und zu uns zurückkam.
Das Rennen Ende Februar in St. Moritz war der Schlusspunkt der Saison 2024/25. Wie fällt das Resümee aus?
Illmann: Am Ende stehen, 2er und 4er zusammengenommen, neun Siege und zweimal Silber aus elf gefahrenen Europacups. Die 2er-Bobwertung habe ich, haben wir, mit 136 Punkten Vorsprung souverän gewonnen. Im Vierer war´s final Platz vier hinter drei starken Juniorenteams.
Ziel war aber doch sicherlich die Quali für den Weltcup zu erreichen?
Illmann: Zweifelsohne war das das Ziel! Und natürlich waren wir sehr enttäuscht! Zusammengenommen wirklich blöde Geschichten. In der Vorsaison waren wir schon sehr sehr gut vorbereitet. Doch da ich mich im Dezember 2023 leicht verletzt hatte, mussten wir wieder zwölf Monate warten, um uns für den Weltcup qualifizieren zu können. Also haben wir wieder alles darangesetzt, waren unfassbar gut vorbereitet. Das Material zum ersten Rennen in Winterberg war absolut on Point! Nur leider gab es wieder Verletzungspech. Dieses Mal hatte es einen Leistungsträger der Anschieber erwischt und wir mussten kurzfristig die Besetzung für den zweiten Lauf tauschen. Das ist grundsätzlich kein Problem, denn dafür steht auch das gemeinsame Starttraining das ganze Jahr auf dem Programm. Aber wie es im Sport nun mal so ist: Es läuft nicht immer nach Plan. Die Startzeit im zweiten Lauf war bedeutend langsamer und wir konnten unseren sehr soliden Vorsprung von 0,2 Sekunden nicht halten und verloren das erste Quali-Wochenende gegen Ammour am Ende mit 0,02 Sekunden. Und in Altenberg war einfach der Wurm drin. Wir konnten nicht das zeigen, was wir in all den Trainingsfahrten gezeigt hatten. Verloren! Ende! Vorbei!
Nach diesem Schock hieß es mit Frust: „Ich zeig´s euch!“ Denn die Europacup-Saison lief doch „relativ dominant“?
Illmann: So ähnlich. Auch wenn wir am Ende nicht die Qualifizierten waren, wussten wir ganz genau, dass wir es können, nicht schlechter sind als der Weltcup. Wir hatten nach der Selektion genau ein Ziel, alle Europacuprennen zu gewinnen. Wir sind allerdings nicht bei allen an den Start gegangen, weil der Europacup für die Junioren wichtig ist und wir da raus sind. Und wie bereits erwähnt: Neun Siege und zwei zweite Plätze bei elf Starts. Das ist unterm Strich recht ordentlich. Wir wollten und haben Druck gemacht, gezeigt, dass wir bereit sind, nach den Olympischen Spielen 2026 unser Können zu zeigen.
Olympia ist angesprochen. Was ist der Plan für die kommende Saison? Wie stehen die Chancen, 2026 noch ins Olympia-Team zu kommen?
Illmann: Wir werden im Sommer wieder alles geben und uns optimal vorbereiten. Unser Ziel ist es, auch nächste Saison die „2. Liga“ anzuführen. Für unsere beiden Teams geht es darum, bereit zu sein, falls sich im Weltcup eine Tür auftut. Die Chance auf Olympia 2026 ist sehr gering. Aber wenn die Leistungen der anderen im Weltcup nicht stimmen, kann es ja auch mal schnell gehen. Chancen, im WC zu starten, sind sowieso nur gegeben, wenn Friedrich und Lochner ihre Karrieren beenden. Bei Ammour hoffe ich, dass wir uns nach Olympia im Weltcup sehen, denn wir haben noch eine Rechnung offen.
In der Formel 1 des Wintersports spielt das Material keine unerhebliche Rolle. Wie sieht´s damit für die kommende Saison aus?
Illmann: Dazu nur mal das Beispiel der Kufen. Für einen Zweierbob braucht es andere Kufen als für einen Vierer. Es bleibt allerdings nicht bei einem Paar Kufen. Pro Bahn oder auch durch verschiedene Witterungen kann man gut mit drei oder vier paar Kufen pro Disziplin rechnen. Da kommt schon eine Menge zusammen. Aber mit der FES, die die besten Schlitten der Welt bauen, haben wir, ich, tolle Partner. Mit allein diesem finanziellen Aufwand könnte ich mir sicherlich einen schönen Neuwagen leisten. (lacht)
Um beim Formel 1-Vergleich zu bleiben. Woher kommt das weitere benötigte Geld?
Illmann: Darum muss sich der Pilot kümmern. Das gelingt natürlich nicht allein. Da hab´ ich mir inzwischen ein gutes Netzwerk aufbauen können. Dazu zählt die Bundespolizei als „mein Arbeitgeber“ und viele andere Sponsoren wie die LTC Lufttechnik und die Ideal-Versicherungen. Die internationalen Rennen werden vom Verband bezahlt.
Nach der Saison ist bekanntlich vor der Saison – und Urlaub?
Illmann: Es gibt kaum eine Ruhepause. Trotzdem geht´s in einen kurzen Urlaub, ehe es im April wieder los geht.
Und im Mai gibt´s sicher einen festen Termin im Kalender?
Illmann: Selbstverständlich! Der FIL-Sommercup. Zurück an die Bahn zu kommen, wo alles anfing, ist immer was Besonderes. Ich freue mich bereits auf die vielen Freunde, die Lok-Leute, die eine super Arbeit machen und auch verantwortlich dafür sind, dass ich immer noch und viele Kids diesen schönen wie rasanten Sport machen!