Eine berührende Stimme und gelebte Jazzgeschichte

Viel mehr als nur führende Jazzsängerin im Osten – Uschi Brüning

Ein bisschen fehlen die Worte, um den Umfang des musikalischen Wirkens zu beschreiben. Ein Versuch: Geboren 1947 in Leipzig. Von klein auf Begeisterung fürs Singen. Mit 17 Gitarristin, Bassistin und Sängerin in verschiedenen Amateurbands. Ausbildung zur Justizbeamtin und später als Justizsekretär tätig stets der Musik treu geblieben. 1970 dann der Wechsel ins Musik-Profilager. War es anfänglich noch Schlager, mit dem 1972 und dem Titel „Dein Name“ der Durchbruch gelang, bewegte sich das Können fortan vom literarischen Chanson über Blues, Gospel, Swing und Standards bis hin zur Improvisation im Modern Jazz. Und das alles mit Erfolg. Im Juni 2025 bekam sie den Deutschen Jazzpreis für ihr Lebenswerk – Uschi Brüning

Das Zwickauer Musik-Publikum kennt Uschi Brüning seit 1971 mit Klaus Lenz im Lindenhof, mit Brüning & Co aus dem Amorsaal, 2014 mit Manne Krug und 2016 mit Luten Petrowsky in der Neuen Welt. Gibt´s bestimmte Erinnerungen an die Schumann-Stadt?

Brüning: Während meinen doch eher kurzen Besuchen empfinde ich Zwickau als eine tolle kulturoffene Stadt mit einem vielseitig interessierten Publikum.

Nun ein Konzert im Robert-Schumann-Konservatorium. Auch beste Gelegenheit, beim Klavierspielen-Lernen eine Unterrichtsstunde zu nehmen? Wie weit ist dieses Vorhaben, Klavierspielen zu lernen, vorangeschritten?

Brüning: Das ist noch in den Kinderschuhen. Damit fange ich gerade erst an. Das mache ich vor allem, um einen Notendurchblick zu bekommen.

Ursprünglich ja auch mal Gitarristin gewesen und am Bass gezupft. Wie weit sind diese Kenntnisse noch vorhanden und abrufbar?

Brüning: Alles leider eingeschlafen. (lacht) Das Singen nimmt einfach zu viel Zeit in Anspruch.

Apropos Schumann-Konservatorium. Noch in Erinnerung, vor etwa 60 Jahren hier abgelehnt worden zu sein und für damals welches Fach?

Brüning: Es gab eine Ausbildung mit der Kombi Musik und Deutsch. Die Eltern meiner ersten großen Liebe waren Lehrer, was auf mich abgefärbt hatte. Zur Aufnahmeprüfung wurde allerdings festgestellt, dass meine theoretischen Kenntnisse im Bereich Klavier und Gitarre zu gering waren. Außerdem muss ich wohl einen Aufsatz über Maxim Gorki versemmelt haben. Ist alles vorbei und vergessen und ich denke: (zwinkert) Es ist auch etwas aus mir geworden.

Mittlerweile gute sechs Jahrzehnte auf der Bühne. Darum mal ein Blick aus heutiger Sicht zurück zu Aussagen von damals, wie: „Wir haben nach Amerika geschielt und waren infiziert vom Westen und von der großen Welt. Wir waren dann irgendwann sogar eher ‚die von da‘ als ‚die von uns‘“. Das klingt nach Verstecken müssen. Waren Ostmusiker damals wirklich schlechter?

Brüning: Wir hatten leider nicht ausreichend Selbstbewusstsein. Uns trieb die Frage um: Sind wir wirklich gut genug, um mithalten zu können. Im Nachhinein völliger Blödsinn. Bester Beweis war: Der Westen hat viele von uns eingekauft!

Kein Interview ohne eine Frage zu Manfred Krug. Selbst einmal dazu gesagt: „Den Klang und den Sound, den Krug hatte, kann man nicht erlernen. Dieser Sound seiner Stimme, der ihm quasi mitgegeben wurde, hat mich sehr fasziniert.“ Ist es mittlerweile Genugtuung, bereits seit zig Jahren für viele Zuhörer mindestens oder genau die gleiche Bewunderung zu erhalten?

Brüning: Das ist kaum auszuhalten (lacht schallend). Nein, es ist wohltuend, mit dem Ausüben seines Berufes Anerkennung zu bekommen. Es hat seine Zeit gebraucht und nun genieße ich es.

Insbesondere nach den Ausreisen vieler DDR-Künstler – speziell von Krug: Inwieweit hat sich das gestörte Verhältnis zwischen Krug und Günther Fischer auf das eigene Schaffen ausgewirkt?

Brüning: Diesbezüglich stand ich zwischen zwei Fronten. Beeinflusst hat es mich nicht. Ich wollte Musik machen und ob sich da bestimmte Leute nicht verstanden haben…

Eine andere frühere Brüning-Aussage lautet: „Das Glück kam immer zu mir. Selbstzweifel und das Hinterfragen des eigenen Tuns gehören meiner Meinung nach bis ans Ende zum Leben dazu.“ Wie sieht das persönliche Glück heute aus?

Brüning: Die Aussage unterstreiche ich auch heute. Aber ich muss gestehen, mit dem Tod meines Mannes ist eine Säule des Glücks für immer weggebrochen.

Und noch ein Brüning-Satz „Ich bin wie ein Kind – und so will ich auch bleiben.“ Was zeichnet das Kind Uschi aus?

Brüning: Das heißt, nicht ausschließlich mit dem Kopf zu entscheiden. Auch mal das Herz und den Bauch sprechen lassen. Irgendwie versuchen, zu bleiben, wie man in seinem tiefsten Inneren ist, zu sich stehen.

Welche Musik hört die Jazzerin privat?

Brüning: Wen wundert´s, natürlich die alten Vorbilder von Ella bis Aretha. Ich höre viel Radio, auch Pop, leg´ gerne eine Platte auf – außer Klassik.

Die letzterschienene CD „So wie ich“ beinhaltet Titel nach dem Motto: Was ich schon mal gesungen habe und was ich schon immer mal gerne singen wollte. Da gibt´s doch bestimmt noch mehr davon und vielleicht sogar ein neues Projekt dazu?

Brüning: Da erinnere ich mal an meine Doppel-CD „Tagesträume“ mit einer repräsentativen Auswahl von Aufnahmen aus den Jahren 1971 bis 2021. Die angedeuteten Projekte gibt´s eher in Konzerten.

„Dein Name“ war ja so ein besonderes Projekt – absolut gelungen. Aus einem eher orchestralen Werk ein instrumental karg besetztes Liebeslied gemacht. Werden weitere ältere Titel demnächst in neuem Gewand zu erwarten sein?

Brüning: Das ist durchaus möglich. Mich würde es reizen, vielleicht mal in einem Duo aus einem einstigen Hit etwas Neues mit eigenem Anteil zu machen.

… und vielleicht auch nochmal Brüning samt einer Big-Band?

Brüning: Sehr gerne. Interessenten für so ein Projekt gibt´s. Nur: Wer soll das dann bezahlen. Die guten Musiker kosten alle Geld. Es könnte mit Modern Soul möglicherweise in diese Richtung gehen.

Na dann, auf ein baldiges Wiedersehen – egal ob mit Band oder geringerer instrumentaler Begleitung.

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