Max Heß will bei Olympia 2028 mindestens wieder ins Finale
Seit nahezu einem Jahrzehnt bestimmt er in Deutschland das Geschehen im Dreisprung. International kann er (Juniorenbereich sowie Freiluft und Halle zusammengenommen) auf zwei Vizeweltmeistertitel, einen Titel und vier Bronzemedaillen bei Europameisterschaften verweisen. Und er war nicht nur gefeierter Gast der Vogtland-Sport-Gala 2025. Er war bisher dreimal bei Olympia dabei. In Paris schaffte er es ins Finale und belegte dort Rang sieben. Das bedeutete die beste Platzierung eines deutschen Dreispringers bei Olympia seit 1984 – in Los Angeles. Dort könnte sich ein Kreis schließen.
Aufgrund von langwierigen Verletzungsproblemen, mal Außenbandriss im Fuß, Muskelfaserriss, dann Schlüsselbeinbruch… , war es eine ganze Weile ruhig um Max Heß. Die Hallensaison jetzt war wieder okay. Wie optimistisch und gesund geht´s in die anstehende Freiluftsaison?
Max Heß: Sportmedizinisch ist alles okay. Ich fühle mich gut. Es geht gesund in die Freiluftsaison.
Ob Einzel- oder Team-Wettkampf, es spielt sich sehr viel im Kopf ab, macht mentale Stärke einen hohen Prozentsatz des Erfolges aus. War oder ist das eine Stärke von Max Hess?
Heß: Früher war es eher jugendliche Unbedarftheit. Inzwischen denke ich, bin ich dahingehend stabil im Kopf, kann mental gut mit Wettkampfstress umgehen.
Bei den Skispringern ist´s allgemein bekannt: leicht fliegt besser. Auch bei Weit- bzw. Dreispringern? Welche Rolle spielt der BMI?
Heß: Da kommt´s bei beiden auf das Kraft-Last-Verhältnis an, also einem optimalen Verhältnis der Kraft zum Körpergewicht. Betreffs BMI ist´s nicht vorrangig das Verhältnis von Körpergröße zu Gewicht, sondern vor allem die Relation von Gewicht zu Muskelmasse, um das persönliche Leistungsmaximum in einer Disziplin, auch dem Weitsprung erzielen zu können. Ich sehe mich da mittendrin.
Dreisprung ist – auch ohne technisches Gerät – vor allem wegen des beizubehaltenden koordinativen „Geradeaus“ eine anspruchsvolle Sportart. Wo liegen die eigentlichen Schwierigkeiten beim Hop, Step und Jump?
Heß: Wohl wahr und ich versuch´s mal, zu erklären. Bei aus dem Anlauf mitgenommener hoher Geschwindigkeit ohne Tempoverlust und Druck des Körpergewichts auf den Untergrund nur kurz den Boden zu berühren und das in Weite umzusetzen. (lacht) Wer zu langsam ist und tappst, der kann auch mal wegkippen.
Ein ewiges Rätsel vieler Beobachter ist: Der / Die hat doch den Anlauf ausgemessen und trifft das Brett trotzdem nicht. Warum wird meist „zu viel“ verschenkt oder „relativ knapp“ übergetreten?
Heß: Für völlig Außenstehende klingt´s nach Ausreden, aber es ist wirklich kompliziert. Da ist der Belag im Anlauf plötzlich schneller oder langsamer, bremst regelrecht. Und im Freien gibt´s selten mal Windstille. Im Gegenteil. Es sind zwei Meter pro Sekunde Rückenwind zulässig. Da merkst du jedes Zehntel mehr oder weniger in der Power in den Beinen. Von Gegenwind ganz zu schweigen. Die Bedingungen sind nicht aufs Komma identisch. Da kommen am Ende schnell mal ein halber Meter oder entscheidende Zentimeter zusammen.
Jüngst bei der Hallen-WM gab´s im Dreisprung eine Disqualifikation wegen nicht zugelassenem Schuhwerk. Ist nun auch in der Leichtathletik mit „Schmu“, mit „manipuliertem Material“ zu rechnen?
Heß: Nein, das glaube ich nicht. Das war eine Ausnahme, denn Regularien dazu gab´s schon immer. Die muss halt jeder beachten.
Deutschland lechzt nach Medaillen in der Leichtathletik. Was läuft falsch oder wie kann´s wieder bergauf gehen?
Heß: Oh, kann sein, dass ich mich jetzt etwas weit aus dem Fenster lehne: Zu lange auf den Lorbeeren sitzen geblieben, das Überholt-worden-Sein ignoriert, dass andere wie Italien oder die Niederlande in Knowhow und Technik besser geworden sind, in den Nachwuchs investieren…
2025 fing mit 17,43 m bei der Hallen-EM richtig gut an, die Hallen-WM hätte besser sein können. Mit dem Focus der WM im September in Tokio steht nun was genau an?
Heß: Du musst schon in Hinblick Olympia Zeichen setzen. Heißt, die 17,38 Meter von Paris und die 17,43 Meter jüngst in der Halle bestätigen. Ich will in Tokio unter die Top 8.
Laut Statistik liegen bei Athleten, die älter als 27 sind, die besten Jahre wahrscheinlich hinter ihnen. Wo feiert Max Heß seinen 32. Geburtstag?
Heß: Ich hoffe mal ganz stark in Los Angeles. Da könnte ich mir mit einer Finalteilnahme nur wenige Tage danach selbst ein grandioses nachträgliches Geburtstagsgeschenk machen.
Dafür und zunächst für die WM in Tokio sind beide Daumen ganz fest gedrückt.