Wie an der Mehrheit der Zwickauer vorbeiregiert wird
Ein dickes Kompliment an die Zwickauer Bürger! Geschätzt neunzig Prozent gehen nicht zum Arzt, weil sie vom vielen Kopfschütteln kaum noch auszuhaltende Nackenschmerzen haben. Sie verzichten zudem auf einen Arztbesuch, weil sie Ohrenschmerzen haben vom tosenden Beifall für bereits begonnene und noch geplante Bauvorhaben der Stadt. Sie ertragen trotz breiten Widerspruchs die Scharlatanerie der leider von ihnen sogar Gewählten.
Gemeint sind der großflächige Umbau des Georgenplatzes und die sogenannte Querspange.
Die mit massivem Unverständnis und gegen klare Proteste nun durchgesetzte Umgestaltung des Georgenplatzes könnte darauf schließen lassen, dass Verkehrsplanung in Zwickau kurzgedacht ist, lediglich ein Konglomerat aus Holding gepaart mit dem Gieren nach Fördermitteln – egal, wie nutzbringend sie umgesetzt werden. Dabei wird der entwirrte Verkehrsknotenpunkt Georgenplatz nun wieder konzentriert. Noch vor nicht allzu langer Zeit wurden die jetzt vorhandenen, gut funktionierenden beiden Haltestellen grundlegend, auch für Niederflurfahrzeuge, ausgebaut.
Mit dem jetzigen Bauvorhaben startet vor allem eine Odyssee für die dort eingesessenen Unternehmen. Einschließlich der Bosestraße und später auch der Unteren Bahnhofstraße wird der Publikumsverkehr radikal ausgebremst, nahezu lahmgelegt. Dazu kommen Erinnerungen hoch an den Um- und Ausbau der Bahnhof- und Äußeren Schneeberger Straße. „Das werden wahre Flaniermeilen“ hören die Unternehmer den damaligen Bürgermeister noch tönen. Beide Straßenzüge haben sich vom Straßenbahnbau und dem dabei schwindenden Kundenstrom nicht wieder erholt. Die Äußere Schneeberger Straße kann diesbezüglich als tot eingeschätzt werden. Die Bahnhofstraße ist ein Vierteljahrhundert später dabei, sich gerade zu erholen. Selbstverständlich hat das Ordnungsamt noch vor Baubeginn am Projekt Georgenplatz Schreiben verschickt, für zu reduzierende Außenwerbung einen entsprechenden Antrag zu stellen. Dabei wären unter geschilderten Umständen prägnantere und kostenfreie Werbung umso wichtiger, ja existenzsichernd.
Mit dem später anstehenden Projekt „Querstange“ wird der Absurdität die Krone aufgesetzt. Weil vom von Bahnreisenden überquellenden Hauptbahnhof es hunderte Patienten sind, die ins Heinrich-Braun-Klinikum fahren wollen. Weil zig HBK-Angestellte so besser zu ihrer Arbeitsstelle kämen. Einfach nur aberwitzig! Dazu soll die Straßenbahn dann vom HBK über den Bahnhof zum Poetenweg fahren, das Teilstück Poetenweg bis Verwaltungszentrum „entgleist“ werden.
Warum das Ganze?
Weil es Fördermittel gibt, die daran gebunden sind, eine neue, der Stadtentwicklung angepasste ÖPNV-Strecke zu bauen. Möglicherweise auch an der Realität vorbei.
Und, weil ein weiterer Fauxpas mit dem Handling von Fördermitteln vermieden werden muss. Nicht, dass wie im Falle möglicher Bezuschussung für den Bau der dringendst benötigten Großsporthalle Geld zurückgewiesen, nicht in Anspruch genommenen wird. Die Summe wurde als zu gering eingestuft und auf eine höhere Bezuschussung – die jeder Normaldenkende ad absurdum einzuschätzen wusste – ge- und letztendlich verpokert wurde. Das können sich die Finanzobergurus der Stadt nicht noch einmal erlauben. Da lieber Fördermittel nehmen und sinnbefreit verpulvern.
Das wirklich Schlimmste an alledem ist: Der Wille, die Möglichkeit, sich begründet kritisch zu äußern, gar mit zur Verfügung stehenden Mitteln sogar Protest einzulegen, sind um ein weiteres Stück arg geschwunden. Die Alten haben keinen Elan mehr. Die Jüngeren interessiert´s nicht. Warum? Sogenanntes gebranntes (enttäuschtes) Kind scheut das Feuer (das Bürgerbegehren). So hatte doch ein erfahrener Lokalpolitiker bei den tausenden gesammelten Unterschriften gegen den Bau der Justizvollzugsanstalt in Marienthal – eiforbibbsch – einen Formfehler begangen. Nun steht der „mit Fördermitteln hochgezogene Schuldenbau“ mit einer einsatzbereiten Sporthalle da, die – obwohl im Vereinsleben der Stadt dringend benötigt – niemand nutzen darf.