Leo Siberski über Musik im Allgemeinen und Besonderen
Seit 2017 ist er Generalmusikdirektor des Theaters Plauen-Zwickau und der Clara-Schumann-Philharmoniker Plauen-Zwickau. Doch hinter den Jahren davor verbirgt sich eine Vita, die dem genannten Haus mehr als zur Ehre reicht. Nur eine kleine Auswahl seines Wirkens verdeutlicht das. Der 1969 in Hannover Geborene war bis 2003 erfolgreicher Orchestermusiker als Solo-Trompeter an der Niedersächsischen Staatsoper Hannover, im Bayreuther Festspielorchester und an der Staatsoper Unter den Linden Berlin. Als Dirigent wirkte er ebenfalls an der Staatsoper Unter den Linden, des Sibelius Orchesters Berlin, des Metropolis Filmorchesters, als Künstlerischer Leiter der Kammerphilharmonie Berlin, als Associate Conductor an der Los Angeles Opera. Er gab zahlreiche Konzerte mit dem Philharmonischen Orchester der Stadt Kiel, der Württembergischen Philharmonie Reutlingen, hatte Arrangements und Konzerte bei den Eutiner Festspielen, in Italien, England, Slowakei, Georgien und Dänemark – Leo Siberski, der sein Herz auch an Jazz und Swing verloren hat.
Wieso mit dieser Vita ausgerechnet „in der Provinz“, in Zwickau gelandet?
Siberski: Von der künstlerischen Qualität her betrachtet, war und ist Zwickau keinesfalls als Provinz einzuschätzen. 2001 und 2002 war ich hier schon an einigen Produktionen beteiligt. Bereits damals hat die Chemie gepasst. Dann war hier eine Stelle ausgeschrieben, ich hab` mich beworben – jetzt bin ich da.
Nach Arrangements an großen deutschen Bühnen und Zusammenarbeit mit national wie international renommierten Klangkörpern Zwickau als möglichen „Ruhepol“ gesucht und gefunden?
Siberski: Ruhepol ist in diesem Zusammenhang falsch. Das klingt nach Altenteil. Ich empfinde es eher als Base, um noch viel zu bewegen, zu entwickeln, auch um endlich sesshaft geworden zu sein.
Der Sockel des gegenwärtigen und zukünftigen Schaffens erlebt seit Jahren eher vor allem finanziell unruhige Zeiten. Wie muss wieder Ruhe ins wichtige Theaterleben einziehen?
Siberski: Wie sag´ ich´s meinem Kinde, obwohl es klar auf der Hand liegt! Ich habe keine politische Entscheidungsmacht. Aber die sie haben, sollten stets daran denken: Theater gehört in vieler Hinsicht zur Bildung. Also ist es auch deren Pflicht, dafür umfänglich zu sorgen. Punkt!
Ein Siberski-Zitat lautet: „Ich bin total Theater-geil!“ Wäre nicht sogar zutreffender: Musik-geil?
Siberski: Dahinter steckt der Wunsch, raus aus dem Orchestergraben zu gelangen, etwas zu bewegen. Heißt: Alles, was mit Bühne, darauf und dahinter, dem Auftritt an sich zusammenhängt, zu verbinden, in interessanten wie spannenden Projekten zu verknüpfen.
Wann und wie entstand, von Oper und klassischer Musik kommend, die Empathie für Jazz und Swing?
Siberski: Die bestand schon immer, bereits mit den ersten Tastenanschlägen am Klavier, also mit fünf Jahren. Ich habe schon immer in irgendwelchen Bands mitgespielt.
Dem Theater-Publikum eher als „der Mann mit dem Stab in der Hand“ bekannt, gibt es aber auch das Siberski-Quartett, wo der Generalmusikdirektor auch „der Macher, der Chef“ ist, zum Beispiel bei der Titel-Auswahl?
Siberski: Überhaupt gar nicht. Das ist absolutes Teamwork. Da sind drei alte Hasen dieses Metiers um mich herum, auf deren Gespür ich mich verlassen kann.
Das macht sich wie bemerkbar?
Siberski: Weil wir viel zu selten zusammenspielen, suchen wir stets nach dem gewissen Extra, Highlights außerhalb des Mainstreams. Das hebt uns auch ein bisschen von anderen Formationen ab.
Mit Jens Pflug (Piano), Matthias Kramp (Bass) und Nils J. Fahlke (Drums) sind drei Lehrer im Quartett. Und er selbst gibt was wem weiter?
Siberski: Ich würde gern unterrichten, aber es fehlt ganz einfach die Zeit. Aber am Theater gebe ich sowohl die als Musiker als auch Dirigent erworbenen Erfahrungen an alle Ensemblemitglieder weiter.
Bereits 2022 und 2023 Gast bei summer-swing bei Schumann gewesen. Mit welchen Eindrücken von damals geht´s in den diesjährigen Start?
Siberski: Bei Auftritten in der Villa Mocc ist´s etwas zum Zuhören. Beim summer-swing geht´s flotter zu, unterhaltsamer und natürlich mit neuem, extra zusammengestelltem Programm.
Trompeter, Dirigent, Jazzer… und als Produzent von Elektronischer Musik tätig. Wann und wo, vielleicht sogar bei summer-swing, zu erleben?
Siberski: Könnte vielleicht teils teils dahin passen. Aber ich stelle mir da doch einen anderen Rahmen vor.
Geht das etwas genauer?
Siberski: Das Projekt ist für 2026 vorgesehen. Es wird ein Musiker aus Island mitwirken. Es wird in einem coolen Ambiente aufgeführt werden, natürlich mit Trompete und Klavier… (lacht) Das muss erst mal reichen.
Das Siberski-Quartett ist der „Zwickauer Klangkörper“. In Kiel fällt der Name Siberski in Verbindung mit dem HexaCore Fusion Department. Gibt´s noch Kontakt und Auftritte mit ihnen und wäre das nicht etwas für den summer swing?
Siberski: Diese Frage trifft mich ins Mark. Diese phantastische Formation gibt es leider nicht mehr. Wir haben tolle Konzerte gespielt. Die einstigen Mitglieder dieses Jazz-Sextetts sind inzwischen über ganz Deutschland zerstreut.
Der Name Siberski tritt zudem in Verbindung mit Jazz-Legende Klaus Doldinger und dessen zwölfmal erfolgreich aufgeführten „Symphonic Project“ auf. Das wäre doch auch mal was fürs Theater Plauen-Zwickau?
Siberski: Jain. Zunächst muss ich sagen, Klaus hat mich in vieler Hinsicht unheimlich inspiriert und musikalisch weitergebracht. Er war ja schon zweimal hier, zuletzt 2011. Für die Fans stets ein unvergessenes Erlebnis. Allerdings ist es, besonders in der heutigen Zeit, auch immer eine Frage des dann zustande kommenden Eintrittspreises. Und er selber spielt auch nicht mehr.
Aber das Siberski-Quartett zum 19. Summer-swing – mit eins zwei Doldinger-Titeln und wieder mit Ines Krautwurst als Sängerin?
Siberski: Ines wird nicht dabei sein. Am Gesangspart arbeiten wir noch. Ansonsten: (lacht) Überraschung, Überraschung.