Copyright © 2023
Erscheinungsjahr: 2023
Herausgeber: U. Hentschel / Zschiesche GmbH
Satz: Maika Hallmann
Titel-Foto: igiaviation – mourgefile.com
Druck: Zschiesche GmbH

Über alles falsch

Die Ostdeutschen waren und sind Motorsport begeisterte Leute. Egal ob dieser auf zwei oder vier Rädern betrieben. Hauptsache: Speed und Driften. Insbesondere sind unter den zahlreichen Fans Sachsen und Thüringer zu finden. Mit dem Sachsenring und den Dreieck-Kursen in Frohburg und Schleiz hatten und haben sie gleich drei international genutzte Strecken vor der Haustüre. Dabei war und ist viel Stolz dabei.
Immerhin ist das Schleizer Dreieck, gegründet 1923, die älteste Naturrennstrecke Deutschlands. Hier wurde 1948 das erste „Motorrad-Vergleichsrennen” in der damaligen Ostzone und ein Jahr später auch das erste offizielle gesamtdeutsche Nachkriegsrennen sowie 1950 die erste Gesamtdeutsche Meisterschaft ausgetragen.
Ähnlich international ging es auch auf dem Frohburger Dreieck zu. Zumindest bis 1972. Ebenso auf dem Sachsenring. Bis einschließlich 1972 wurden hier sogar Läufe zur Motorrad-Weltmeisterschaft ausgetragen. Es war die Zeit der Nieto, Agostini, Read und Braun. Ab 1973 gab‘s auf den genannten drei Strecken Motorradrennen nur noch als DDR-Meisterschaft oder um den Pokal der sozialistischen Länder. Dabei gingen diese sowie Touren- und Rennwagenrennen allerdings ohne Fahrer aus dem damaligen kapitalistischen Ausland über die Pisten. Grund dafür war nicht nur das klamme DDR-Staatssäckel. Ausschlaggebend war viel mehr der Lauf in der 250er-Klasse 1971 auf dem Sachsenring. Den gewann der westdeutsche Dieter Braun. Bei der Siegerehrung und der anschließenden Siegerrunde standen zu viele Zuschauer auf und sangen lauthals die deutsche, also die dritte Strophe der BRD-Nationalhymne mit. Und obwohl Braun ein Jahr darauf in der 350er nur auf Platz drei landete, wiederholte sich der Singsang auf seiner Ehrenrunde. Für die SED-Machthaber beste Gelegenheit, große internationale Rennen in der DDR zu verbieten.

Doch es sollte Jahre später andernorts ein wesentlich prägnanteres Déjà-vu folgen.

Denn für große internationale Rennen mussten die Motorradrennsportfans der DDR fortan ins Ausland fahren – nach Brno, Most oder an den Hungaro-Ring nahe Budapest, wo seit 1986 sogar die Formel 1 gastiert. Schnell entwickelte sich der traditionsreiche Rennkurs bei Brünn, in der damaligen Tschecho-slowakei, zum wichtigsten Anziehungspunkt für Motorradsportfans der DDR. Nach den Vorfällen am Sachsenring war dieser Weltmeisterschaftslauf ebenso ins Visier der Stasi geraten und wurde mehr als misstrauisch „beäugt“. Vor den Läufen im tschechoslowakischen Bruderland wurden daraufhin detaillierte Maßnahmepläne zu Beobachtung und Observation von DDR-Motorsportfreunden erarbeitet. Sie wurden später unter dem Namen „Cross“ bekannt.

Letztlich endete unser Sommerurlaub 1980 inmitten genau dieser Maßnahme der Mielke-Truppe.

Für einen guten Ossi war es „heimatkundliche Pflicht“, Harz, Spreewald, Thüringer Wald oder die Ostseeküste bereist zu haben. Nachdem mehr oder weniger alles – was im Inland erlaubt war – bereist und gesehen war, lockte Auslandsurlaub. Auch wenn es nur die „Bruderrepubliken“ als Reiseziel gab – die ČSSR, Polen, Ungarn, Bulgarien oder die Sowjetunion.
Im Preis-Leistungs-Verhältnis, also was sich für die „Alu-Chips“ im Bruderland geleistet werden könnte – schnitten das „Poland“ und „Tschechland“ noch am besten ab. Als Sommerfrischler und Motorradsport-Begeisterte war die Tschechoslowakei dabei natürlich favorisiert. Erst recht, wenn das Zelt als Behausung diente, es in diesem Fall bereits eine, unsere eingespielte 4-Mann-Crew gab, die es mit einem 601 de luxe-Trabi-Kombi sogar schon mal bis ans Schwarze Meer geschafft hatte.
1980 hieß das Sommer-Urlaubsziel Ungarn und auf dem Rückweg selbstverständlich pünktlich zum Rennwochenende am 17. August nach Brno an den Masaryk-Ring. Schließlich wollten wir den damals überhaupt einzigen Motorrad-WM-Lauf im Ostblock verfolgen.

Nachdem das Donau-Knie, die Weinberge von Tokaj, Teile der Puszta und natürlich Budapest unsicher gemacht worden waren, ging’s genau getimt Richtung Brno. Wie geplant wurde am späten Samstag-Nachmittag ein Parkplatz in unmittelbarer Nähe der Rennstrecke in Žebětín (deutsch Schebetein) erreicht. Ganz schön schlau! Wie später bekannt wurde, kamen andere „Subversiv-Verdächtige“ – ohne, dass wir uns zu diesem Personenkreis zählten – , die direkt aus der DDR nach Brno reisen wollten, gar nicht über die Grenze.
Die Reste unserer Verpflegungsvorräte und die frischeren Sachen Made in Hungaria brauchten für das Abendessen nicht angegriffen werden. Es gab im Umfeld und in Žebětín ausreichend Möglichkeiten, sich zu verköstigen. Allerdings brauchten wir nach dem Aufenthalt in Brno noch Verpflegung für zwei Tage. Ein Blick in den Verpflegungskoffer machte klar: Da kämen wir hin. Denn um nicht in den großen Rückreise-Tumult zu geraten, war geplant, einen Zwischenstopp an einem See einzulegen, ehe wir in Prag einigen der zahlreichen „Stehpivnicis“ (eigentlich keine Bierhallen in dem Sinne, sondern eher exklusive Tante-Emma-Läden mit Essecke) oder irgendwo „guláš s knedlíkem“ verspeisen würden und selbstverständlich dem U Fleků noch einen Besuch abstatten wollten.
Dann hieß es, zu viert – so gut es der Platz zuließ – im Trabi schlafen, um sich Sonntagfrüh bei Zeiten auf den Weg auf eine der Naturtribünen zu machen. Bei schon allein drei Kerlen, die über eins achtzig waren kein leichtes Unterfangen. Von entspannt schlafen konnte keine Rede sein. Wir hatten uns für um 5 Uhr den Wecker gestellt und räkelten uns reichlich übermüdet und verspannt aus dem Auto und machten uns auf den Weg. Es waren noch nicht ALLZU VIELE Leute unterwegs, die es uns gleichtaten. Wir erreichten den Rundkurs nach knapp fünfundvierzig Minuten und fanden wie schon die Jahre zuvor an der leichten Bergauf-Geraden, unmittelbar nach dem Kurven-Labyrinth, den Varina-Kurven am Kilometer 7, unseren Platz. Das war wohl der beste und umfassendste Blick überhaupt. Für den war es mehr als lohnenswert, sich bereits in der Morgendämmerung mit Gepäck auf den Weg zu machen. Dazu gehörten eine Decke zum drauf Sitzen und – falls es doch unerwartet regnen sollte – die große Plasteplane, die vorher als Regenschutz über das 3-Mann-Zelt gedient hatte. Nicht zu vergessen erster Proviant: Vier 1,5-Liter große Plasteflaschen abgefüllt mit Bier und lecker belegte Brötchen. Am Wichtigsten waren aber die Eintrittskarten, die wir auch schon tags zuvor erstanden hatten.
Am Areal angekommen, es dämmerte gerade, gab’s noch keinen Einlass, geschweige denn hatte der Kartenverkauf der Tagestickets begonnen. Wir schlichen, wie viele andere auch, durch das Zaun-Wirrwarr und ergatterten uns einen Platz relativ weit oben am Hang. Nahe genug zu den Toiletten, nahe genug am Nachschub für Essen und Trinken, nahe genug an einem offiziellen Ausgang, um beim Abmarsch nicht ewig anstehen zu müssen. Perfekt! Und das Wichtigste, mit optimaler Sicht auf das Kurven-Labyrinth, dessen folgende Beschreibung die Faszination dieses Abschnittes verdeutlichen soll. Von hier aus würden wir also sehen können, wie die Fahrer aus Kurve fünf aus dem Wald hervorkamen, um leicht bergab sofort die Sechs und Sieben zu nehmen. Dabei konnte aus der Kurve Fünf, eine 120-Grad-Rechtskurve, noch einmal kurz beschleunigt werden, um anschließend sofort in der 90-Grad-Rechts-Sechs anzubremsen. Dort musste das Krad geschickt umgesetzt werden, um nicht zu schnell in die Kurve Sieben, eine 160-Grad-Linkskurve, zu gelangen und um nicht den Zeitpunkt zu verpassen, wieder raus zu beschleunigen. Nach einer sehr kurzen Geraden folgte die Kurvenkombination Acht und Neun, 100 Grad Links und 120 Grad Rechts. Danach, direkt an uns vorbei, die etwa 600 Meter lange und mit rund acht Prozent Steigung versehene Gerade entlang Richtung Ziel. Spektakel pur! Und das alles für 30 Kronen (der Kurs war damals 1:3, für eine Ostmark gab es drei Kronen) und freier Platzwahl. Bei einer maximalen Tauschsumme von 40 DDR-Mark pro Tag war das Rennvergnügen also ein wahres Schnäppchen.

Die Eintrittskarten im Vorab erworben zu haben, erwies sich einmal mehr aus den Erfahrungen vorangegangener Jahre als vorausschauend klug. So konnten wir vor Ort noch ein kleines Mützchen Schlaf nachholen. Denn bereits gegen sieben Uhr kamen die ersten Polizei- und Ordnergruppen, unterstützt von Hundeführern und ihren treuen Vierbeinern, kontrollieren. Da war es ratsam, sich nicht schlafend zu stellen, sondern sofort hellwach zu sein. Erfahrungsgemäß folgte nach einem kurzen Hallo kein zweites, sondern entweder ein Tritt oder bei gelangweiltem schläfrigem Murren gleich ein Schlag mit dem Gummiknüppel. Manche Kontrolleure hatten auch Holzstangen oder Baseballschläger dabei. Wie allseits bekannt: Die Tschechen-Cops kannten kein Pardon. So mancher ohne Eintrittskarte wurde nach Herbeirufen eines Wuffs unterm Kommando seines Herrchens von einem oder manchmal zwei „strážníks“ kompromisslos durch die Reihen nach außen geschleift, des Hanges verwiesen. Mit Öffnung der Tageskassen hatte dieses „Ordnungsritual“ am Hang sein Ende, verlagerte sich mit aller Schärfe an die jeweiligen Zugänge.

Brünn war 1980 das Jahr von „unserem“ Toni. Toni Mang gewann sowohl das Rennen in der 250- als auch 350-cm³-Klasse. Mit Startnummer 2 beziehungsweise 4 siegte er auf seiner 82 PS starken Krauser, einer modifizierten 7er BMW. In der Viertel-Liter-Klasse dominierte er ab der dritten, im 350er-Feld ab der vierten von zu absolvierenden elf beziehungsweise dreizehn Runden ebenfalls auf einer Krauser das Geschehen. Da gab’s bereits während diesen souveränen Führungsrunden einen Wheelie zu sehen und auf dem Hang, der „fest in deutscher Hand“ war, die später – 1981 angeblich von Cheerleadern zur amerikanischen Baseballmeisterschaft erfundene – so betitelte Laola-Welle, viele gehisste und schwenkende Fahnen, vornehmlich schwarz-rot-gold mit Adler drauf.
Der erste Mang-Tages-Sieg im 250er Rennen verlief nach gut 120 absolvierten Rennkilometern noch halbwegs normal. Alle, egal ob Tschechen, Österreicher, Italiener, BRDler oder DDRler waren bei der Hymne aufgestanden, um dem Sieger Respekt zu zollen. Es wurde auch gesungen. Die meisten Ostler waren des Textes von Hoffmann von Fallersleben nicht mächtig. Einige, dazu zählten auch wir, sangen die BRD-Hymne mit. Oh, da gab’s bereits den einen oder anderen verdutzten Blick von der Seite. An unserem Dialekt war vorher unschwer erkennbar gewesen, dass wir nicht aus Bayern oder jenseits des Stacheldrahtes unser Zuhause hatten. Entscheidend für den Fortgang des Tages war allerdings: Ein nicht unbedeutender Teil der deutschen Motorsport-Anhänger sang den Text der dritten Strophe nicht mit den Schlussworten „Blüh im Glanze dieses Glückes, Blühe, deutsches Vaterland!‘, sondern mit dem Text aus Zeiten des dritten Reiches mit „Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt!“ Wow, was und wer waren das denn für Leutchen? Nur Bundis oder gar auch Ossis? Wir vier schauten uns an und waren uns einig: Starker Tobak! Das kann böse enden!

Wir sollten Recht behalten.

Schon in der Pause vor dem folgenden 350er Rennen formierten sich hinter uns oben am Zaun mehr und mehr tschechische Polizisten. Ehe hier, warum auch immer, vielleicht alles dicht gemacht wird, schnell nochmal Würstchen holen, damit wir beim dann abschließenden Seitenwagenrennen sitzen bleiben konnten. Mit den tschechischen Polizisten kommunizierten aber auch komisch gekleidete Deutsch Sprechende. Die hatten nicht wie jeder auf dem Hang Jeans oder kurze Hosen und ein T-Shirt an. Sie standen mit langen Stoffhosen, teils in „Schlips und Kragen“ und mit Ferngläsern am Zaun. Sie hielten die Okulare voll in die Masse, nicht das Fahrgeschehen beobachten zu wollen oder zu können. Nun war klar: Da ist was im Busche. Der lange Arm von Gucken-Hören-Greifen ist überall, auch in Brno.

Dann kam es, wie alle erhofft hatten. Der zweite Sieg von Toni Mang. Die Fans skandierten stehend die drei Ersten auf ihrer Ehrenrunde. Der Zweitplatzierte, der Südafrikaner Kork Ballington, absolvierte die gesamte vor uns befindliche 600-Meter-Gerade unter großem Gejohle mit einem Wheelie, während Mang und der Dritte des Rennens, der Franzose Jean-François Baldé, ihn normal auf ihren Rennboliden sitzend und in die Massen winkend eskortierten. Dabei geschah das schier Unfassbare. Nun intonierte fast der gesamte Hang die zur Zeit des Nationalsozialismus gesungene erste, und seit dem Ende des Zweiten Weltkrieg unerwünschte, allerdings nicht generell verbotene Strophe des Deutschlandliedes, von Schutz und Trutz, Maas und Memel, Etsch und Belt. Denn, durch die NS-Zeit falsch interpretiert, war damals nicht der Zusammenhalt aller Deutschen über die jeweiligen Einzelstaaten, wie Sachsen, Thüringen oder Bayern, hinaus gemeint, sondern im Sinne, dass Deutschland über allen anderen Nationen stehe.
Die Krux beim Singen dieser ersten Strophe war allerdings: Besonders in der unteren Hälfte des Hanges kam hinzu, dass dort der überwiegende Teil der Zuschauer während des Singens der in Zweifel geratenen Textpassagen auch noch den Hitlergruß zeigten.

Das war der Auslöser eines nun folgenden rücksichtlosen Zugriffs.
Die Aktion „Cross“ nahm ihren Lauf.

Teils von den auffällig adrett und für den Anlass unpassend gekleideten Deutschen zielgerichtet in die Menge geschickt, teils aus eigenem Antrieb oder auf Befehl hiesiger Polizeikräfte kommandiert, wie von der Tarantel gestochen, bahnte sich eine Einheit von etwa einhundert Uniformierten mit Gummiknüppeln links und rechts um sich schlagend den Weg über noch Sitzende zu den Grölenden auf dem Hang, die neben dem ‚falschen Text‘ den Hitlergruß zeigten. Das alles wie bereits am frühen Morgen unterstützt von einer Hundestaffel. Waren die Vierbeiner am Morgen vielleicht selbst noch etwas übermüdet und deshalb nur selten bellend an der Seite ihrer Herrchen durch die Reihen geschlichen, schienen es jetzt regelrecht wildgewordene und durchgängig kläffende vor allem Schäferhunde zu sein, die darauf erpicht zu sein schienen, auch gern mal zubeißen zu wollen. Die beim platzschaffenden Vormarsch der Einsatzkräfte links und rechts unschuldig Verletzten waren sogenannter Kollateralschaden, wurden mit ihren erlittenen Verletzungen sich selber überlassen. Eine der Zugriffsschneisen verlief etwa drei Meter neben unserem aufgeschlagenen Lager. Ein junger Mann aus Thüringen hatte wohl eine Unmutsäußerung über das plötzliche und rabiate „Eindringen“ der uniformierten getätigt. Der Lohn war eine blutige, scheinbar sogar gebrochene Nase. Er ließ sich im Anschluss der „Säuberungsaktion“ von den Sanitätern in einem Sankra am Eingang verarzten, kam mit zwei Tampons und einem Verband wieder zurück. Wie er berichtete, war es gut, seinen perso am Mann gehabt zu haben. Denn er musste vor der Behandlung seine Personalien angeben. Die „Säuberungsaktion“ lief frei nach dem Motto ab: mitgehangen (am Hang daneben gesessen), mitgefangen! Schnell hatten sich die Ordnungskräfte zu den Störenfrieden durchgearbeitet. Noch im Rausch ihres Sing-Sangs und Gestikulierens versunken, wurden sie niedergeknüppelt. Inzwischen waren hinter den Zäunen etwa zwanzig Polizeitransporter aufgefahren. Etwa achtzig bis einhundert Personen wurden durch die Massen geschleift. Wieder Gummiknüppel links und rechts schwingend, traf es erneut zig wahrlich Unschuldige. Die „Deutschen vom Zaun“ hatten sich in Richtung Fahrzeuge verzogen und waren am Sortieren. Frei nach Aschenputtels „die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen“ kamen die anscheinend vorgemerkten bekannten Ossis in die einen Fahrzeuge, die anderen, überwiegend Wessis, in andere. Die Aktion war in nicht mal zehn Minuten beendet.

„Cross“ war erfolgreich über den Hang gegangen.

Die zurückgelassenen Verletzten versorgten sich gegenseitig. Nichts zu sehen von Sanitätern direkt am Hang. Nun war zwar mehr Platz vorhanden, aber während des noch folgenden Seitenwagenrennens, was übrigens pünktlich gestartet wurde, weniger Stimmung. Die kam erst nach etwa der Hälfte der elf zu fahrenden Runden auf. Verständlicherweise gleichsam geschockt und betrübt und wenn sich die Gespanne der 500-cm3-Klasse nicht im Blickfeld befanden ängstlich nach Uniformierten umschauend, hofften trotzdem die meisten übrig Gebliebenen auf einen Podestplatz des deutschen Duos Schwärzel/Huber. Ein Gespann, das berechtigte Siegchancen hatte. Sie wurden am Ende hinter den souveränen Siegern Biland/Waltisberg aus der Schweiz Fünfte. Beim Erklingen der Schweizer Nationalhymne standen natürlich alle auf. Doch während ihrer Siegerrunde war der Jubel „sehr stark schaumgebremst“. Das Erlebte von vor etwa zwei Stunden hatte noch seine Nachwirkungen.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es in diesem Jahr in der 125-Klasse, die der Franzose Guy Bertin gewann, keiner der sieben gestarteten Deutschen unter die Top Ten geschafft hatte.

Nachwirkungen hatte dies auch auf weitere Besuche von WM-Läufen in Brno. Die Vorbereitungen unsererseits waren die gleichen. Ebenso in etwa die frühzeitig ergatterten Plätze samt Eintrittskarten. Neu war ein ständiger Rundumblick nach divers chic Gekleideten Deutsch Sprechenden. Ihr augenscheinliches Fehlen in den beiden darauffolgenden Jahren war Balsam auf die Motorsportseele. Auch blieb, zumindest dieser Teil der Strecke, von „Falsch-Sängern“ und „Hitlergruß-Zeigern“ verwaist. Allerdings soll es etwas abseits des Renngeschehens 1981 zu einigen Ausschreitungen zwischen randalierenden DDR-Bürgern und der sogar Wasserwerfer und Tränengas einsetzenden Miliz gekommen sein.
Das Klientel, das 1980 den unteren Hang „besudelt“ hatte, schien generell am knapp elf Kilometer langen Rundkurs zu fehlen. So konnten wir auch 1981 an gewohntem Platz den Doppelerfolg von Toni Mang feiern. 1982 gab´s keinen deutschen Sieg. Trotzdem viel Begeisterung für zweite Plätze von Mang im 350er- und Schwärzel/Huber im Gespann-Rennen sowie einem dritten Platz von Martin Wimmer in der 250er Klasse.

Und das alles, vielleicht unter GHG-Beobachtung, aber diese Male friedlich und gänzlich ohne „über alles“.

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Notgroschen, -durft und -unterkunft

Wie geplant, wollten wir auch in diesem Jahr auf der Heimreise noch einmal in Prag „einreiten“. Auch diesmal legten wir nach dem Rennwochenende in Brno einen Zwischenstopp auf einem abgelegenen Campingplatz an einem kleinen Stausee ein. Damit entzogen wir uns dem großen Rückreise-Tumult. Vor allem aber dem Ansturm in den Prager Gaststätten, vor allem dem U Fleků, das die meisten Ost-Touristen auf ihrem Reiseplan hatten.

Fernab der Autobahn kauften wir vier Hühnchen, frisches Brot, Zwiebeln, Bier und derlei zum Grillen. Zudem war Resteessen angesagt. Nach einem langen Abend gönnten wir uns am Montag eine ordentliche Mütze Schlaf, planschten im Stausee, brachten Ordnung in unser Gefährt, machten Kurzwäsche einiger T-Shirts und sortierten uns für die tschechische Landeshauptstadt.

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